Endlose Diskussion unter Foto-Enthusiasten: Welcher Kameratyp? Die klobige Spiegelreflex oder die niedliche Kompaktkamera? Die Frage stellt sich vor allem den Rastlosen: Wer will schon mit einer beinahe zwei Kilogramm schweren Spiegelreflexkamera auf dem Mountainbike unterwegs sein? Und spätestens beim Upload auf istockphoto.com ärgert man sich dann über die Bildqualität, wenn das Foto wegen zu grobem Korn oder ungenügender Bildschärfe abgelehnt wurde.

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Das Thema ist seit einem halben Jahr mit den neuen Kompaktkameras mit grossen Sensoren um ein Kapitel reicher geworden. Die «Serious Compacts» sind mit der gleichen Technologie ausgerüstet wie die Spiegelreflexkameras; APS– oder Micro FourThird-Sensor. Die Kameras verfügen aber über keinen optischen Sucher mit klobigem Lichtschacht. Damit ist das Fotografieren in Spiegelreflex-Qualität, jedoch mit einer 500 Gramm leichten Kamera möglich. Und seit wenigen Monaten hat sich das Thema nochmals auf die Kameras mit Fix-Objektiv mit 17 mm resp. 20 mm Brennweite fokkussiert (entspricht 34 mm resp. 40 mm im Kleinbildformat). Gestandene Fotogafen zeigen noch leicht verschämt ihre neuste Olympus Pen, die Lumix GF1 etc. Und in den nächsten Wochen wird auch Leica mit der X1 eine Kompaktmamera mit Fixobjektiv mit dem klassischen Reportage-Objektiv anbieten.

Der neue Kameratyp hat Suchtpotential: Vorbei die Schlepperei, vorbei die Objektivwahl, vorbei das Zoomen. Neu holt man sich das Objektiv nicht mit dem Zoomobjektiv heran, man bewegt sich darauf zu. Und neu muss sich die fotografierende Person ein  Gefühl für das Fixobjektiv, für die optimale Distanz zum Objekt erarbeiten. Achtloses «zoom-and-shot» funktioniert nicht mehr (hat noch nie funktioniert…). Genaues Beobachten und Einschätzen des Objekts ist unabdingbar. Man beobachtet genauer, setzt sich mit der Aufnahmesituation intensiver auseinander, ist weniger mit Technik beschäftigt; zumindest scheint es dies. Und so tönt es in all den diversen Blogeinträgen, z.B. Hier und Hier.

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Nur, was heisst da neu? Kennen wir dieses Gefühl der Einfachheit nicht? Jawohl, aus den Zeiten der 50mm/1.8 oder 1.4-Objektive. Oder aus Zeiten der Minox-Fotografie. Wie kamen da bei mir nostalgische Gefühlt auf, als ich den Bericht von Craig Mod las, wie er kürzlich mit der neuen GF1 im Annapurna-Gebiet auf einer Trekkingtour war. Ein Bericht halb Reise-, halb Testbericht. Ich war vor gut zwanzig Jahren im selben Gebiet unterwegs, mit derselben einfachen Fotoausrüstung, einer Minox eben. Und so schliesst sich der Kreis, Back to the Roots oder eben zurück zur Einfachheit der Fotografie mit nur einem Fixobjektiv. Das heisst, heute ist es eine Digitalkamera, vollgestopft mit allem erdenklichen Schnickschnack, nur eben reduziert auf ein Objektiv und auf «Blenden-Halbautomatik» eingestellt, so wie es Craig Mod in seinem «Fieldtest» beschreibt: «The GF1 is a near perfect travel camera».

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Den neuen Hype versucht Leica gleich auszunützen und schreibt einen Fotowettbewerb zur klassischen Reportage-Fotografie mit dem 35 mm-Objektiv aus, hier. Bleibt also nur noch die Frage zu beantworten, weshalb ein Kamerawechsel zu diesen «professionellen Minis» überhaupt «notwendig» ist. Kürzlich habe ich in einem Blog eines Fotografen einen lapidaren Hinweis auf die Frage nach der «richtigen» Kamera gelesen: Es gäbe dazu eigentlich nur zwei Fragen zu beantworten: Überlege dir, wer du bist. Und überlege dir, was du damit tun willst. Insofern würde wohl die alte Kamera ausreichen, doch mit diesen neuen Minis kann man sich viel schöner aufs Wesentliche beschränken…

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Alle Fotos aufgenommen mit Lumix GF1 und 17mm/f 1.7-Objektiv, die Schneefotos bei knapp 20° minus. Craig Mod hatte also recht…

Links:

Micro Four Third User Forum
Photozone; Objektivtests

dpreview.com (Andy Westlake philosophiert über 4/3-Objektive und welche man noch benötigen würde. Und über 50 Kommentatoren diskutieren mit.)

Update vom 24.1.10:
Martin Grommel gibt in seinem Blog «Kwerfeldein» eine Empfehlung zum ersten Objektiv ab: ein 50mm-Festbrennweiten-Objektiv, allenfalls auch ein 35 mm. Besonders gefällt mir seine Begründung: «Und dadurch lernen wir quasi von der ersten Stunde an, was wir mit einem kleinen Schritt nach vorn, zur Seite oder nach hinten bildkompositorisch bewirken können. Das sind Sachen, die mit einem Zoom erstmal auf der Strecke bleiben». Eben.