Mitarbeitende sollen nach gängiger Managementlehre geführt werden, z.B. mit konkreten Zielvereinbarungen, auch Management by Objectives genannt. Manchmal ist es in der Praxis so, dass die Mitarbeitenden ganz gut ohne den Chef wissen, die richtigen Prioritäten zu setzen – wenn dies der Chef nur auch so sähe: Hier kommt «Managing the Boss» zum Zug: Die «Führung von unten». Und dann die dritte Führungsrichtung, die Laterale Führung. Lisianne Enderli nennt diese Führung von der Seite als eine notwendige Führungsform innerhalb von interdisziplinären Projekten und in Matrix-Organisationen.

Enderli beschreibt die Führungsinstrumente, wenn nicht mehr aufgrund von Befugnis geführt werden kann: die Macht gestalten, Differenzen verhandeln und gegenseitiges Vertrauen. Machtspiele müssten thematisiert und Regeln vereinbart werden, beispielsweise wie mit Absenzen umgegangen werden soll – Eigentlich ganz normale Grundregeln der Zusammenarbeit. Oder kann es gelingen, wenn Vorgesetzte ausschliesslich top-down verordnen und gleichzeitig ein motiviertes und initiatives Team erwarten? In einer liberalisierten Welt mit verflossenen Hierarchieglauben kann doch nur noch mit adäquatem Einbezug aller am Erfolg Beteiligten gearbeitet werden. Die Matrix-Organisation demnach als die Organisationsform?

Wenn in einem interdisziplinären Team aus Technikerinnen, Soziologen, Pädagogen und Ingenieurinnen aus verschiedenen Abteilungen der Organisation an einem Innovationsprojekt arbeiten, so erhält die Projektleiterin die Kompetenz, welche sie für die Erfüllung der Aufgabe benötigt. Ranghöhere Mitarbeitende unterstehen ihr bezüglich dieses Projekts. Die Matrix-Organisation ist in diesem Fall adäquat.

Wann aber ist es sinnvoll, eine Organisation als ganzes in einer Matrix zu strukturieren? Wohl in den seltesten Fällen. Als Mitarbeitender in einer Organisation, welche in Matrix organisiert ist, mache ich die Erfahrung, dass mit einer Matrix die Verantwortlichkeiten erfolgreich unkenntlich gemacht werden: Jede Entscheidung benötigt den Einbezug einer Vielzahl von Vorgesetzten, unklar ist, wer schlussendlich entscheidet, eine träge Organisation. Das besagte Aushandeln von Kompetenzen verkommt zum Ritual, die eigentliche Fragestellung bleibt ungelöst.

Skepsis gegenüber der Matrixorganisation ist angebracht: Was sinnvoll ist innerhalb einer Projektorganisation kann als genelle Organisationsform lähmen. Klare Ansprechpartner, kurze Entscheidungswege, zielorientiertes Arbeiten werden benötigt. Da sind hierarchische Strukturen hilfreich, diese können flach und direkt sein. Nach den beschriebenen demokratischen Grundregeln wird eh gearbeitet. Aber im richtigen Moment steht die Person hin und entscheidet. Und sie trägt auch die Verantwortung. Und es werden weniger Chefs benötigt…

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