Ich bereite mich auf ein Referat zu «Medienbildung und Schulentwicklung» vor und habe mich dazu einige Tage in Klausur begeben. Ich gehe der Grundfrage nach, welche Bedingungen für die erfolgreiche Integration von Medien in den Unterricht erfüllt sein müssen. Ich befinde mich also an der Nahtstelle zwischen Schulentwicklung und Medienintegration, ein Thema, welches mich vor einigen Jahren im Schulfeld als Schulleiter, früher als ICT-Verantwortlicher beschäftigte und heute aus der Perspektive des Beratenden von Schulen in ihrer Integrationsarbeit weiter begleitet.

Medienintegration in den Unterricht ist wie so oft vernommen ein meist ein beschwerlicher Weg. In den letzten Jahren wird in verschiedener Literatur darauf hingewiesen, Medienintegration in die Schule müsse als ein Schulentwicklungsprozess verstanden werden und es müsse bei der Veränderung der «Schulkultur» angesetzt werden (z.B. Moser 2005, S. 34; Tulodziecki & Herzig 2002, S. 185).
Im Forschungsbericht «ICT-Nutzung an High-Tech-Schulen» (Elsener, Luthiger, & Roos 2003) (pdf) wird ein direkter Zusammenhang zwischen der «ICT-Kultur» an der jeweiligen Schule und der Intensität und Qualität der Nutzung der zur Verfügung stehenden ICT-Geräte nachgewiesen. Die Intensität der Nutzung ist dann höher, wenn die Lehrpersonen vom pädagogischen Nutzen der Medienintegration in den Unterricht überzeugt sind und wenn entsprechende Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen.
In meiner Masterarbeit «Schule mit Medienprofil» (Fraefel 2007) habe ich Wege zur Entwicklung eines schulischen Medienprofils aufgezeigt und die Verbindungen zwischen Medienintegration – Schulentwicklung – Schulkultur zusammen getragen. Schulkultur ist demnach ein sehr komplexes Konstrukt. Ich versuchte, den Aspekt der Teamkultur in einer Grafik zu illustrieren (Fraefel 2007, S. 47):

Mich befriedigt meine Grafik nicht mehr so recht. Sie gibt keine schlüssige Antwort darauf, was Teamkultur oder eben Schulkultur denn nun wirklich ist. Und vor allem interessiert, wie diese Schulkultur, welche so entscheidend für Veränderungsprozesse ist, beeinflusst werden kann. Und wenn eine Veränderung festgestellt werden soll, dann müsste diese in irgendeiner Form «gemessen» werden können. Folgendes habe ich in meiner kurzen Recherche gefunden:

Zum Begriff der Schulkultur findet sich ein aufschlussreicher Artikel auf www.schulpaed.de (Chott, 1997). Eine bemerkenswerte These zur Schulkultur habe ich auf der Website der Universität Münster zu «Schule als soziale Institution» (pdf) (Grundmann, 2006) gefunden: «Schulkultur bestimmt sich daher über das Mass, in dem die an Schule Beteiligten aufeinander bezogen sind, miteinander kommunizieren und sich beider Gestaltung der Schule unterstützen, mithin mit ihrer Schule identifizieren.»

Eine Übersicht zu Forschungsergebnissen zum Zusammenhang von Schulkultur und Medienintegration finden sich u.a. auch hier: Barras & Petko (2007, S. 99) (pdf); Petko, Mitzlaff & Knüsel (2007, S. 4) (pdf) und Eickelmann & Schulz-Zander (2008) (pdf).

Lampe, Trebing, Rester & Zentgraf (2008) (pdf) berichten von einem Schulentwicklungsprojekt «Schule interaktiv». Die Deutsche Telekom Stiftung und die TU Darmstadt führt mit vier Projektschulen in verschiedenen Deutschen Bundesländern seit 2005 das Projekt «Schule Interaktiv» durch. Seit Sommer 2008 sind 15 weitere interaktive Partnerschulen hinzugekommen, die zwei Jahre lang von den Projektschulen begleitet und im Bereich medienpädagogische Schulentwicklung gecoacht werden. Die Schulen erhalten einerseits Projektberatung bei ihrer medienbezogenen Weiterentwicklung und bei der Entwicklung von entsprechenden Unterrichtsprojekten. Andererseits wird der Entwicklungsstand der Schulen laufend evaluiert. Die Zwischenevaluationen haben die Funktion, den Schulteams neue Impulse zu geben (a.a.O. S. 4). Bemerkenswert fand ich unter anderem den Podcast, welcher Einblick in die Unterrichtsprojekte gibt sowie eine Liste von praktischen Tipps der Lehrpersonen. Der erste Tipp tönt lapidar, doch ist er wohl zentral: «Man darf nicht ungeduldig sein und den gesamten Lehr- und Lernprozess sofort auf den Kopf stellen wollen, sondern man muss schrittweise anfangen».

Meine vorläufigen Thesen, wie die Schulkultur weiterentwickelt werden kann:

  • Durch verstärkten Zusammenhalt und intensivierte Zusammenarbeit im Schulteam; Entwicklung eines WIR-Gefühls.
  • Durch die Einigung auf eine gemeinsame pädagogische Basis: Was ist uns wichtig? Für welche pädagogischen Werte stehen wir ein? Inwiefern wollen wir Medienbildung als zentrales Element einer umfassenden Bildung in unseren Unterricht integrieren?
  • Durch die Einigung auf eine (minimale) Verbindlichkeit: Wer vermittelt auf welcher Stufe welche medienbezogenen Inhalte und Arbeitsweisen? etc.
  • Durch gemeinsame Unterrichtsprojekte einer Gruppe interessierter Lehrpersonen oder des ganzen Schulteams.
  • Durch pädagogische Beratung der Lehrpersonen; d.h. individuelle Beratung der einzelnen Lehrpersonen, durch Workshops, wo grundlegende Anwenderkompetenzen und – mindestens so wichtig – konkrete pädagogische Szenarien vermittelt werden.
  • Dadurch, dass die Lehrpersonen ihren eigenen Unterricht erforschen und kritisch hinterfragen (Altrichter & Posch 2007)
  • Durch die persönliche Einsicht jeder Lehrperson: «Aha, deshalb ist Medienbildung zentrale Voraussetzung für das Leben in einer Mediengesellschaft») und das persönliche Erleben, wie wichtig eine umfassende Medienkompetenz für sich selbst ist.

Einsicht kann durch Schulung und Beratung vermittelt werden. Das Erleben deutet auf die emotionale Komponente hin. Echte Veränderung findet meiner Meinung statt, wenn Intellekt und Emotion gleichzeitig angesprochen werden. Doch wie kann die Emotion angesprochen werden? Da wäre das (Rollen)spiel als emotionales Instrument, dann der Film als ein Medium, welches Emotionen gut transportieren kann und… On vera bien…