Podcast sei Dank habe ich heute einen längst gesendeten Radiobeitrag zum Dokumentarfilm «Urs Fischer» gehört. Der Film begleitet den 37-jährigen Schweizer Künstler bei den Vorbereitungsarbeiten auf seine Ausstellung im New Museum in New York im letzten Jahr. – Mehrere Wochen ist es her, seitdem ich den Dokumentarfilm gesehen habe. Doch die Faszination darüber ist noch präsent. Umso mehr erstaunt es, dass Redaktor Sascha Renner diesen einen «distanzlosen» Film nennt. Ich bin dem nachgegangen.
Richtiggehend eingesogen habe ich damals die starken Bilder im Dokumentarfilm «Urs Fischer», editiert von Anja Bombelli. In der Küche seines New Yorker Ateliers lümmelt er herum, schneidet mit riesigem Messer einen riesigen Kuchen an. So richtig sympathisch wird mir der Fischer, wie er grosszügig viel zu grosse Kuchenstücke auf viel zu kleinen Papptellern serviert. Und immer dieses Lachen, halb herzhaft, halb verlegen. Wenn einige Minuten später im Film beschreibt die Kuratorin Fischers «Lebensfreude» und verweist auf seine Atelierküche. Es ist klar, was sie damit meint.
Toll, wie Ivan Schumacher zentrale Schlüsselstellen mit der Kamera einfangen konnte: So ist er dabei, wenn Urs Fischer mit Lehm eine Figur um seinen Daumen formt. Dieselbe Figur wird eingescannt, vergrössert und in Shanghai zu einem gegen zehn Meter hohen Monument gestaltet. Der Filmemacher ist auch dabei, als Fischer beschliesst, dass der Koloss mühsam gedreht werden soll und er dokumentiert, wie die Plastik in New York von einer Gruppe schwitzender Männer im Museum positioniert wird. Und wenn der Zuschauer im Kino die Besucher im New Museum bei ihrem Rundgang begleitet, vorbei am kitischig rosaroten Kuchen, durch das Labyrinth von Spiegelboxen, dann sind ihm die Exponate bereits vertraut, denn er hat ihre Entstehung Schritt für Schritt begleitet.
Es sei ein «distanzloser Film» über Urs Fischer, es fehle das Biografische, kritisiert Filmredaktor Sascha Renner. Der Film kratze nicht am «Mythos Fischer», man erfahre praktisch nichts über sein Produktionsumfeld, und dieses sei riesig; die «Grösse der Kunstmaschinerie» werde nicht sichtbar. Die kurze Filmkritik von Sascha Renner wurde in DRS2aktuell Ende September ausgestrahlt und ist in Sennhausers Filmblog, in Filmpodcast Nr. 201 (MP3) abrufbar. Beitrag Urs Fischer ab Minute 8.30.
So richtig nachvollziehen kann ich Renners Kritik nicht. Wer sucht denn in einem Film über Urs Fischers Werk seine Biografie? Die kann ich in Wikipedia nachlesen. Ich erfahre mehr über den Menschen Urs Fischer, wenn ich ihn im Film vor seinen Werken sinnierend beobachten darf, um dann gleich dabei zu sein, wenn er herzhaft lachend eine seiner Spontanideen umsetzt. Und: Was interessiert Fischers Produktionsumfeld? Wenn ich Fischer kennenlernen will, dann indem ich ihn im ungezwungenen Umgang mit seinen Werken zuschauen kann. «Iwan Schumacher hat dem Künstler auf die Finger und in die Seele geschaut», beschreibt seite3.ch den Film. Genau.
Nichts desto trotz, meint Sascha Renner. Der Film lebe von den «sackstarken Bildern». Genau. Und diese Bilder sind mindestens so stark wie viele Worte…
Eindrücke vermittelt der Trailer zum Film:
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