Meine ersten Eindrücke von Rostock bestanden aus einem Kaleidoskop internationaler Markenhäuser und Verteilerketten. Alle sind sie an der Rostocker Köbelingerstrasse anzutreffen: dicht gedrängt stehen McDonalds, Burger King, H&M, Tommi Hilfiger, Kaufhof, Saturn und … – Ich sorge mich ernsthaft um die Befindlichkeit eines Rostocker Handwerkers, welcher mit 1100 Euro monatlichem Gehalt durch die Marmor- und Glitzerwelt an der Köbelingerstrasse spazieren darf. An der Zürcher Bahnhofstrasse finde ich kein vergleichbar dichtes Angebot. Zürichs Nobelstrasse ist da vielleicht auch «weiter» (–;, sie entwickelt sich langsam zu einer Monokultur; kürzlich hat die dritte (!) H&M-Filiale an der Bahnhofstrasse eröffnet.

Derweil wollen wir an der GMK-Tagung die Probleme dieser Gesellschaft mit Vermittlung von Medienkompetenz zu lösen… Ich höre von ermutigenden medienpädagogischen Initiativen und Projekten wie beispielsweise der E-Learning-Plattform Schola 21 (www.de.schola-21.de), das Projekt schulische Medienbildung MV (Mecklenburg-Vorpommern; www.medienundschule.inmv.de) oder die Initiative Medienbildung an Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz (www.medienundbildung.com), einem Angebot, welches Ganztagesschulen Unterstützung in medienpädagogischen Projekten anbietet, uam.

Ein Thema, so scheint mir, zieht sich durch die gesamte Tagung: In plenaren Vorlesungen, Workshops und schliesslich im abschliessenden Podiumsgespräch kommt vielfach zum Ausdruck, wie Ben Bachmair in seinem Referat ausführt: «Wir müssen wegkommen von einer einseitigen Orientierung auf die Medien». Die Probleme unserer Gesellschaft sind vielfältiger und teilweise sehr drückend geworden. Es gibt viele neue Veränderungspunkte in Gesellschaft und Schule, die sich teilweise schnell abwechseln, beispielsweise die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, die etwa 20% aller Jugendlichen, die durch alle schulischen Netze fallen oder die Integration des informellen Lernens mit mobilen Medien. Es ist nicht mehr sinnvoll, einseitig von der Medienbildung her zu argumentieren. Notwendig ist eine grundsätzliche Analyse: Welche Ressourcen benötigen die Jugendlichen zur Teilhabe an dieser Wissens- und Mediengesellschaft? Und dazu ist wohl mehr notwendig als Medienkompetenz, sei der Begriff noch so «umfassend» verstanden…

Weiter wird moniert: Die Schule steht in Kontrast mit ihrer relativen Starrheit gegenüber den schnellen Veränderungen, welche die Mediengesellschaft mit sich bringt. Da ist die Vielfalt der bestehenden medienpädagogischen Schulen nicht unbedingt dienlich, wie ein Teilnehmer in der öffentlichen Diskussion zu Bedenken gibt. Und mit jeder neuen Technologie werden die bestehenden medienpädagogischen Konzepte teilweise neu erfunden. Man wünscht sich ein stärkeres Setzen auf kontinuierliche, aufbauende Medienarbeit. Zu oft sind medienpädagogische Initiativen als Projekt angelegt. Und mit jedem neuen Projekt beginnt die Arbeit ein Stück weit von vorn.

Was mir dazu in den Sinn kommt: Die Integration von Medienbildung in die Schule beginnt tatsächlich meist mit der Durchführung eines konkreten medienpädagogischen Projekts. Solche Schulprojekte sind ein Mut machender Anfang: Die Lehrpersonen machen gute Erfahrungen mit medienpädagogischer Arbeit im Unterricht, sie fassen Vertrauen und werden offen für mehr. Jetzt erst folgt die eigentliche Arbeit: Was mit freiwilligen Projekten begann, sollte in einem zweiten Schritt verbindlich festgemacht werden. Ein pädagogisches Medienkonzept ist notwendig. Darin wird vereinbart, was genau auf welcher Schulstufe getan und was erreicht werden soll (minimale Ziele etc.). Die Umsetzung des Medienkonzepts wird in Schulprogramm und Jahresprogrammen geplant, also im Rahmen eines Schulentwicklungs-Prozesses. Die meisten Schulen tun gut daran, diesen handelnden Weg zuerst einzuschlagen, um dann in einem zweiten Schritt über den konzeptionellen Weg das Erreichte festzumachen. (siehe auch früherer Blog-Eintrag). Ob der konzeptionelle Weg auch zuerst beschritten werden kann? – Dies kann für Schulen einer grossen Stadt sinnvoll sein: Die Schulbehörde gibt zuerst einen konzeptionellen Rahmen vor, innerhalb dessen die Schule ihr Profil entwickeln kann, unter anderem ein Medienprofil.