Der Verkauf des iPad ist in den USA angerollt, wir lesen vermehrt Berichte von ersten Erfahrungen mit der flachen Flunder. Wenn wir auf Twitter den Suchbegriff «iPad» eingeben, können wir im Sekundentakt Tweet-Einträge übers iPad lesen – meist aufgeregt und enthusiastisch – und viele «Möchte-Gern-Kaufen»-Ankündigungen. Man könne auf der Bildschirm-Tastatur besser schreiben als angenommen, meinen die ersten überglücklichen Besitzer. Das «Lesefeeling» sei im Vergleich zum iPhone fantastisch und Filme sähen toll aus (z.B. Hier). Zeit also – Hype hin oder her – sich Gedanken zu machen, ob das iPad den persönlichen Workflow wohl optimieren könnte.
Notebook, Handy – und neu ein weiteres Gerät herumschleppen? Das tönt erstmals nicht sehr einladend. Dies würde wohl bedeuten, bei jeder Tätigkeit entscheiden zu müssen, welche Geräte heute dabei sein sollen. Am besten zur Sicherheit alle drei? Ich bezweifle das. Nach meinem Empfinden liegt das iPad irgendwie quer zwischen Notebook und Smartphone: Mit dem iPad schreibt’s sich wohl weniger flink als mit dem Notebook. Im Vergleich zum iPhone macht das Filme Anschauen oder das Lesen aber bestimmt um einiges mehr Spass. Doch der Reihe nach:
Für das iPad spricht gegenüber dem Notebook die handliche Grösse. Irgendwie kommt man sich noch heute etwas blöd vor, wenn man an der Sitzung das riesige 15-Zoll Notebook hervorholt. Und ich überlege mir gut, ob es drin liegt, auf Unterrichtsbesuch mit dem Notebook zu protokollieren, das wirkt doch recht observierend. Wie wär’s doch schön, an einer Tagung einfach das iPad aufklappen zu können und in null Komma nichts ist das Gerät schreibbereit. Schluss mit dem Abdunkeln des Notebook-Bildschirms, weil die Person in der Reihe dahinter neugierig über die Schulter schaut.
Als Viel- und Schnellschreiber will ich aber nicht auf eine vollwertige Tastatur verzichten. Hoppla ein Vorurteil? – «Schreiben auf dem Screen, das wird in ein paar Jahren Standard sein», prophezeite mir ein IT-Ingenieur kürzlich. Und erste Besitzer des iPads melden, wie überraschend zügig es sich mit der Bildschirm-Tastatur schreibt, z.B. Hier. Auf den Weg dazu hat uns Apple ja schon seit geraumer Zeit geschickt, mit der superflachen Mac-Tastatur. Ich ging mit demselben Vorurteil daran und nach wenigen Tagen schrieb ich auf der neuen Flach-Tastatur mindestens so schnell wie auf der alten «Tiefhub»-Tastatur. Und diesen Artikel schreibe ich ja auch recht flink auf dem iPhone. Da spricht also allerhand für das iPad. Und die Tastatur zum iPad wurde ja auch schon angekündigt.
Filme schneiden oder 150 Fotos im RAW-Format unterwegs von der Kamera auf Aperture laden und vorsortieren, das sind voraussichlich (noch) keine Tätigkeiten für das iPad. Doch weshalb denn nicht? Das iPhone App PS Mobile von Photoshop macht es vor: Fotos werden in verblüffend exakter Weise durch Streichbewegungen bearbeitet. Weshalb nicht iPhoto und Aperture fürs iPad fit machen? Und zu Hause könnte man die Fotos auf dem iPad mit dem Desktop Computer synchronisieren. So aus der Luft gegriffen ist dies gar nicht. – Zudem hätte man alle Bilder in «handlicher» Preview-Grösse immer auf dem iPad dabei. Grosi würde sich dafür bedanken. Musste sie doch bislang immerzu gütig nicken, wenn man ihr die winzigen Bildli auf dem iPhone vor die Nase hielt. Mit dem iPad wird dies zum Seherlebnis. Ganz zu schweigen davon, dass mit dem iPad die Scrollerei beim Lesen im Vergleich zum iPhone aufs notwendige Minimum beschränkt wird.
Das Notebook könnte da bald obsolet werden: An den vorhandenen Monitor im Büro könnte man stattdessen einen günstigen Mac Mini anschliessen. Stellt sich die Frage der Datensynchronisation. Künftig nur noch mit «Cloud»-Diensten? Evernote & Co pfeifen es von den Dächern: Die iPad-Version ist bereits erhältlich. Und seien wir versichert, eine Vielzahl von Apps und Gadgets fürs iPad werden uns in den kommenden Monaten überfluten (Geben Sie in Google «iPad Case» ein und staunen Sie, wieviele Angebote zu Hüllen vorliegen – bevor das Gerät lieferbar ist).
Stellt sich schlussendlich die Frage, ob das iPad unseren Workflow wirklich begünstigen wird. Oder tauschen wir einige hundert Gramm weniger im Gepäck nicht dagegen ein, dass wir einmal mehr erfolgreich «Bedürfnis» mit «Bedarf» verwechselt haben?
Nachtrag:
– Artikel «15 Reasons the iPad is Better than a Netbook»
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