Die GMW 2014 an der PH Zürich ist Geschichte. Um zweihundert Besucherinnen und Besucher konnten während der viertägigen Konferenz aus gegen 70 Angeboten auswählen; Keynotes, Workshops, Beiträge, Hands on-Sessions, EduCamp-Beiträge und get-together-Anlässe. Der dicke Tagungsband steht im Regal, das PDF auf dem Tablet gerät aus dem Fokus, oder doch nicht? – Die Zeit für einen Rückblick muss erkämpft werden. Ein Rückblick mit Blick auf eine Anzahl Blogbeiträge und Konferenz-Dokumentationen.
An der diesjährigen GMW-Tagung zum Thema «Lernräume gestalten» waren Flipped Conference-Beiträge das viel diskutierte Thema (s. Blogbeitrag «Vor der Konferenz ist während der Konferenz»). Wenn das Flipped Classroom-Konzept in der Lehre zunehmend Anhänger findet, weshalb soll dieses nicht auch an einer Fachtagung eingesetzt werden?, fragten sich einige Session-Anbieter, und Tagungsleiter Klaus Rummler half dem etwas nach, indem er einzelne Referenten bat, ihren Beitrag «Flipped» anzubieten.
Christian Spannagel bot mit Partnern zwei Beiträge im Flipped Confercence-Format an: «Hörsaalspiele im Flipped Classroom» (Kristina Lucius, Janna Spannagel, Christian Spannagel) (Online-Vorlesung, Mitschrieb einer Teilnehmerin) sowie «Die Vorbereitungsphase im Flipped Classroom: Vorlesungsvideos versus Aufgaben» (Joshua Weidlich und Christian Spannagel). Ich habe beide Beiträge vor Ort mitverfolgt und habe den intensiven Austausch mit anderen Teilnehmenden genossen, währenddessen andere Besucher mehr Inhaltsvermittlung vor Ort gewünscht hätten – das waren wohl vornehmlich Personen, welche weder Beitrag noch Videovorlesung vorher studieren konnten. Christian und seine Referatpartner begannen ihren Beitrag jeweils mit: «Wer hat Fragen?». Die Fragen der Teilnehmenden kamen eher zögerlich und bezogen sich meist auf das Thema insgesamt und weniger auf einzelne Aussagen der Online-Vorlesung. Die Fragen wurden notiert, aber noch nicht beantwortet. Im zweiten Teil erhielten die Anwesenden einen Auftrag, das bereits angeeignete Wissen auf Beispiele aus ihrer Unterrichtspraxis anzuwenden. Nach einem Austausch der gefundenen Beispiele blieb noch Zeit zur Beantwortung der zu Beginn gesammelten Fragen. Das Vorgehen und seine Auswertung beschreibt Christian in seinem Blogbeitrag.
Den Austausch mit den Sitznachbarn und das gemeinsame Suchen von Beispielen fand ich persönlich sehr anregend. Nebst der Bearbeitung des Auftrags finden hilfreiche Vergleichen der jeweiligen Hochschule statt und man kann persönliche Kontakte knüpfen. So nannte Kommentator das Format denn auch einen «Wohlfühl-Anlass». Was nach zehn Minuten Austausch an Ideen und Beispielen zusammengetragen wurde, ist echt beeindruckend. Sofern die Theorie von den Anwesenden vorgängig wirklich erarbeitet wurde, bildet der Arbeitsauftrag denn wirklich Anlass zur Anwendung und damit zur Vertiefung des Erfahrenen. Trotzdem ist das Format hier an der Konferenz nicht mit einem Seminar im Rahmen eines Studiums zu vergleichen, wo systematisch Wissen aufgebaut werden soll. So mag «Haben Sie Fragen?» ein adäquater Einstieg im Regelstudium sein, an einer Konferenz könnte der Einstieg variieren. Weshalb im Flipped Conference-Format nicht…
- … wenige Inhalte präsentieren, um den Teilnehmenden das Fragen zu erleichtern; eine benützte Grafik, ein vorgestelltes Modell. Dies haben Spannagel und Weidlich in ihrem Beitrag auch getan, was sehr wohltuend empfunden wurde.
- … ein eigenes Beispiel vorstellen und die Teilnehmenden kurz beurteilen lassen («Vorlesungsvideos vs. Aufgaben»).
- … die Teilnehmenden ein Beispiel gleich selbst erleben lassen. so hätte ich im Beitrag «Hörsaalspiele im Flipped Classroom») erwartet, dasss Hörsaalspiel zu Kopfrechnen durchgespielt wird – mit einer Gruppe freiwilliger Probanden in der ersten Reihe…
- … einen kurzen Filmclip zeigen, der den Inhalt von einer anderen Seite beleuchtet. Ein Kommentator in Christians Blogbeitrag schlug gar eine Art «Guided Tour» durch die Online-Vorlesung vor.
- eine Zuordnungsaufgabe oder ein kurzes (witziges) Quiz anbieten
Vielfältige Einstiege sind wohl im Flipped Classroom-Format ebenfalls dienlich und ein klein wenig länger im Plenum zu verweilen, ermöglicht den Anwesenden wohl auch warm zu werden, nicht alle Menschen sind Kaltstarter…
Schliesslich noch ein formaler Einwand zum Flipped Conferene-Format: So vorbildlich früh wie der Tagungsband als PDF und als kommentierbare Version angeboten wurde, so sträflich wurde die Publikation der Online-Vorlesung der Flipped-Beiträge vernachlässigt, es fehlten die Links auf der Tagungsseite, nur die eine Online-Vorlesung (Hörsaalspiele) wurde im Online-Text und auf der Facebook-Seite publiziert. Man dürfte es den Teilnehmenden künftig also durchaus auch noch etwas leichter machen, zur Online-Vorlesung zu gelangen. – Insgesamt war aber das Potenzial der Flipped Conference mit diesen Beiträgen deutlich sichtbar. Man darf gespannt sein, welchen Stellenwert das Format an der GMW 2015 in München haben wird.
Lesenswerte Beiträge – nebst vielen anderen – von:
- Christian Freisleben berichtet u.a. über seine Eindrücke zu den «flipped teaching»-Formaten
- Joachim Wedekind freut sich über die vielen engagierten Gespräche und lässt seinen Rückblick auf 60 Jahre Bildungstechnologie» – Vom CUU zum MOOC –nochmals Revue passieren.
- Sandra Hofhues stellt eine Gelassenheit gegenüberr MOOCs fest, sie reihen sich in den Katalog didaktischer Mittel ein.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.