Die SonntagsZeitung vom 12.2. berichtet über das kostenlose Online-Studienangebot des Stanford-Professors Sebastian Thrun. Der deutschstämmige Professor wolle die Hochschulbildung demokratisieren. Man fragt sich, worauf der durchschlagende Erfolg des kostenlosen Online-Angebots beruht.

«Studieren wie in Stanford – nur gratis» titelt die Sonntagszeitung. 190’000 Personen aus 190 Ländern hätten sich 2011 im ersten Kurs eingeschrieben. Thrun hat Blut geleckt, im kommenden Kurs mit Start am 20.2.12 auf www.udacity.com erwartet er eine halbe Million Teilnehmende. Neu sind solch kostenlose Online-Studienangebote nicht, der Artikel erwähnt die bekannten Internetangebote des MIT, von Jale und die vielen Online-Vorlesungen auf iTunes U.

Stellt sich die Frage, weshalb der durchschlagende Erfolg der Gruppe rund um Sebastian Thrun. Wär’s möglich, dass das überschaubare Angebot und die leichte Erreichbarkeit massgeblich für den Run auf das Studienprogramm verantwortlich sind? Keine unüberschaubare Ansammlung an Features. Kein zeitaufwändiges Zurechtfinden auf der Online-Plattform udacity.com ist notwendig. Ansprechend gestaltet, übersichtlich und mit knappen Texten kommt die Website daher.
Falls dem so ist, liesse sich eine gewisse Analogie zum Erfolg der Apps ausmachen: Knapp sind die meisten heutigen Apps auf Tablets, Smartphones und neuerdings auf Notebooks gehalten. Konzentration auf meist wenige Optionen. Oder im Fall von Thruns Online-Universität: Wenige Kurse zum Einschreiben – im Moment ganze zwei – eine einladende Website, ein FAQ in unakademischer Sprache, welches die wichtigsten Eckdaten zum Online-Angebot in wenigen Sätzen zusammenfasst. Das motiviert. Dazu der Name «Stanford», was für ein gewisses Renomée sorgt. Das kommt an.

Doch dies allein würde wohl zu kurz greifen. Offenbar machen Thrun und sein Team aus didaktischer Sicht einiges richtig: Das Online-Angebot scheint ansprechend didaktisiert zu sein. Online-Vorlesungen mit motivierend gestalteten Videos vermitteln die Inhalte. Die Teilnehmenden können den Verlauf der Video-Instruktion je nach eingegebener Antwort beeinflussen, weiter Quizzes mit Rückmeldefunktion je nach Antwort der Lernenden.

Und vielleicht ist’s auch einfach die verlockende Option, ein hochschulähnliches Studienangebot besuchen zu können, Vorkenntnisse seien nicht nötig. Dass ein solches Angebot bei Personen ankommt, die sonst keine Möglichkeit auf ein Hochschulstudium haben, verwundert eigentlich nicht. Da greift die Kritik im Artikel wohl zu kurz, dass das Online-Angebot von Udacity zu wenig Vorbereitung auf Folgekurse geben würde. Wenn die Onlinekurse von Thruns Team interessierten Personen auf irgendwelche Weise den Weg hin zu einem umfassenden Studium vorbereiten, dann sind solche Angebote mehr als gerechtfertigt. Der kritische Hinweis, dass für nachhaltiges Lernen Austausch notwendig sei, ist gerechtfertigt. Doch die heute verfügbaren Social Media-Tools ermöglichen ebensolchen Austausch unter den Lernenden und mit den Lehrenden bestens. Siehe auch den Blogbeitrag zu sozialen Lernumgebungen.

Und wer als Lernender mal Blut geleckt hat, wird vielleicht auch genügend motiviert sein, um ein umfassendes Online-Studium in Angriff zu nehmen. Links und rechts von mir sind da einige Personen, die einen solchen Weg erfolgreich beschritten haben. Insofern seien solche Onlinekurse in erster Linie als Motivationsspritze und Wegbereiter zu verstehen.