Ich bereite mich vor auf meinen Workshop an der UNM-Tagung vom 15.November zum Thema: «E-Tools zur Vernetzung im Schulteam und zur Kommunikation nach aussen». Ein stimmiger Anlass also, um aktuelle Literatur zum Thema anzuschauen, u.a. das im September 2008 erschienene Werk «Web 2.0 in der Unternehmenspraxis» von Back, Gronau und Tochtermann. Die ersten beiden Kapitel bieten nicht viel Neues: Die Grundlagen des Web 2.0, Begriffserklärungen, Technologien und Dienste griffig erläutert, handfeste Recherche eben. Vergleichbare Infos liessen sich wohl mit einigen Klicks auch im Web zusammensuchen. Praktisch ist’s schon, die gängigen Web 2.0-Technologien wie Wiki, Weblog, Social Bookmarking & Co. handlich auf zusammenhängenden Seiten vor sich zu haben…
Kapitel 3 lässt meine Aufmerksamkeit ansteigen: «Social Software als Treiber für Veränderungen»; es wird ein «bewusster Umgang mit elektronischen Medien» (a.a.O. S. 85) propagiert. Die Indikatoren von Unternehmenskultur von Sackmann (2006) werden präsentiert und mit je einem Beispiel einer praktischen Anwendung eines Web 2.0-Tools in einer Organisation veranschaulicht. Die Beispiele erläutern den jeweiligen Kulturaspekt einleuchtend, so wird etwa der Indikator «Kundenorientierung» illustriert mit einem sog. «Saftblog» einer Kelterei, welche mit diesem E-Tool niederschwellige Rückmeldungen ihrer Kunden einholt (a.a.O. S. 90).
Unternehmenskommunikation hat zum Ziel, dass sich eine Organisation der sich verändernden Umwelt laufend anpassen kann. Web 2.0-Tools sind nach Back/Gronau/Tochtermann effektive Instrumente, um diese permanente Anpassung zu vollziehen. So lassen es Organisationen wie die mehrmals zitierte IBM zu, dass Mitarbeitende in privaten Blogs über ihre Arbeit in der IBM schreiben können. Das Management der IBM verbietet dies ihren Mitarbeitenden nicht, übergibt ihnen aber Verhaltensregeln (a.a.O. S. 22).
Wenn Organisationen Web 2.0-Tools für ihre eigene Organisationskommikation einsetzen, so kann dies nur gelingen, wenn die Tools in Symetrie zur Organisationskultur steht (a.a.O. S. 95). So kann die einseitige Nutzung eines Blogs als Ankündigungsinstrument der Unternehmensleitung zu Widerstand der Mitarbeitenden führen, da der Blog im privaten Gebrauch als ein Instrument zur freien Meinungsäusserung verstanden wird. Das Potential des Blogs zur Beseitigung von Asymmetrien, zur Überwindung von Hierarchiebarrieren in der Organisation wird nicht genutzt.
Ich versuche abzuschätzen, inwiefern diese Erkenntnis auf eine Bildungsorganisation anwendbar ist. Dazu ein heute erlebtes Beispiel. Ich wohnte einer Sitzung eines Schulteams bei: Die Schulleiterin hatte auf dem Hellraumprojektor eine Folie mit einer Liste von Informationen aufgelegt. Sie kündigt damit den Eingang von Werbematerial für einen Schüler-Workshop an, verweist auf eine Information der Behörde zu ihren Jahreszielen und macht auf die bevorstehende Lesenacht aufmerksam. – Liessen sich diese Informationen 1:1 mit einem Blog dem Schulteam weitergeben? Würde dieser von den Lehrpersonen auch gelesen? Würde sich das ganze Team an diesem Newsblog beteiligen und selbst News posten? – Ich habe den Eindruck, dass diese vorgelebte Kultur der persönlichen Information am Teamanlass nicht «einfach so» durch einen elektronischen Blog ersetzt werden könnte. Dazu wäre wohl eine sorgfältige, schrittweise Einführung notwendig. Vereinbarungen müssen getätigt werden, wer welche News postet, wie man den Blog beispielsweise mit der Google-Startseite abonnniert etc. Und bestimmt würde mit dem neuen Blog erstmals einige Nachrichten verloren gehen, man müsste wieder und wieder auf den Blog aufmerksam machen und – sehr wichtig – er müsste konsequent genutzt werden. Die Veränderung einer eingeschliffenen Kultur ist ein langer Weg, ein sehr langer…