«Personal Learning Environments in der Schule», so hiess der Titel der Fachtagung an der Pädagogischen Hochschule Schwyz vom 13.3.09. Zuerst ein herzliches Dankeschön an die Schwyzer, welchen es zum wiederholten Mal gelungen ist, die Diskussion zu einem topaktuellen Thema der Medienpädagogik anzuschieben. Zum Auftakt der symbolstarke Einstieg ins Thema von Beat Döbeli. Seine Visualisierung, was ein PLE für die Schülerin, den Schüler bedeuten könnte, regte an. Und sie bereitete das Terrain für die Keynote von Michael Kerres sowie die nachfolgenden Parallelveranstaltungen vor.
Mehr zum Ausdruck «PLE» findet sich hier.
Hängen geblieben bin ich erstmals bei Beat Döbelis Ausführungen, man wolle an dieser Tagung «…für einmal nicht nur über Software sprechen, sondern auch über die dazugehörige Hardware», eben die Notebooks, Netbooks, iPhones und andere mobile Geräte. Ich dachte, hier geht es um Pädagogik? – Aha: Vernommen haben wir in den Referaten und Workshops dann von verschiedenen Unterrichtszenarien, wie Notebooks, «Lernsticks» und wie Online-Angebote im Unterricht eingesetzt werden, beispielsweise www.lerntagebuch.ch. Insgesamt viele inspirierende und mutmachende Beispiele aus der Praxis, meist aus Pilotprojekten in Einzelklassen.
Aber abgesehen von diesen Pilotprojekten und einzelner Klassen von IT-affinen Lehrpersonen sind die PLE’s wohl noch nicht in der Schule angekommen. Wie kommen demnach PLEs und v.a. das dazugehörige individualisierte Lernen in die Schule?
PLEs in der Schule, dies macht umfassende Änderungen notwendig, so Michael Kerres in seiner Keynote. Ein «Change Management» sei notwendig, welches zu Veränderungen auf diesen Ebenen führen soll:
– Infrastruktur: ubiquitärer Internetzugang vs. Server
– Lehrmittel: elekronische Lerninhalte vs. traditionelles Schulbuch
– Lehrpersonen: «Schulentwicklung» vs. «Weiterbildung»
Hier geht es zur Online-Präsentation der Keynote von Michael Kerres.
Wenn ich die aktuelle Situation an den Schulen ansehe, so macht mir dies Sorgen, wie solche Veränderungen erfolgen können: Viele Schulen haben teilweise seit Jahren in eine riesige ICT-Infrastruktur investiert, sie verfügen über eine Vielzahl von Servern etc. Die ICT-Verantwortlichen haben um diese Infrastruktur gekämpft, ebenso um eine vernünftige Entschädigung für deren Wartung. An einzelnen Schulen sind Lehrpersonen zu eigentlichen IT-Fachpersonen geworden, sie unterrichten nur noch wenige Stunden. Ich kenne mehrere Schulen, wo diese Personen konsequenterweise Gemeindeangestellte geworden sind. Wenn Klassen nun ausschliesslich mit PLEs und solchen «Cloud»-Diensten arbeiten, dann sind diese Server obsolet. Und einzelne ICT-Verantwortliche mögen befürchten, ihre Arbeitsgrundlage würde ihnen entzogen. In der Pause erklärte mir ein ICT-Verantwortlicher einer Schule, dass Schulhausserver «noch jahrelang» notwendig sein würden, denn wo anders sollte die dort installierte Lernsoftware laufen. Und wenig später beschreibt er die bekanntlich höchst mühsame Update-Arbeit für solche Lernsoftware, meist Images von CD-ROMs.
Ohne diesen ICT-Verantwortlichen etwas zu unterstellen: Die Abschaffung von Servern etc. zugunsten von solchen «Cloud»-Diensten und Online-Lernangeboten bedeutet für sie allenfalls den Verlust einer geliebten Arbeit, ebenso den Verlust einer gewissen Autonomie. Weiter würde der ganze Betrieb ausschliesslich vom immer reibungslos funktionierenden Internetzugang abhängen, das heisst die ICT-Verantwortlichen (die Schule) ist in jeder Beziehung abhängig von externen Anbietern.
Ebenso bedeutet dies ein Umdenken für die Schulleitung: Die Kommunikation im Schulteam findet heute meist mit Mail und bereits deutlich weniger mitz der (internen) Serverablage statt. Welche Online-Dienste unterstützen die Teamkommunikation am besten? Welch Einführungsmassnahmen sind notwendig und wie werden die Lehrpersonen später bei der Nutzung solcher Dienste unterstützt? Wie kann es gelingen, dass die Lehrerinnen und Lehrer neue Kommunikationsdienste, Teamblogs etc. akzeptieren und nutzen?
Und die Schulbehörde wird betreffend die Kreditsprechung ebenso umdenken müssen: Hard- und Softwarekosten sind mittlerweile akzeptiert, man kennt sie von der Privatwirtschaft her. Es tönt innovativ, wenn die Schulpflege die erfolgte Vernetzung der Schulhäuser ausweisen kann. Nun, da die Serverparks in den Schulen obsolet werden, wittert die Behörde Sparpotential? Ich plädiere für eine Umlagerung: weniger Technikkosten zugunstern einer pädagogischen ICT-Beratung für die Lehrpersonen im Schulteam. Nur: Für Personalkosten gibt die Schulbehörde allenfalls weniger gern Geld aus als für (sichtbare) Hardware.
Was haben PLEs in der Schule zu suchen und wie bringt man PLEs in die Schule? – Einen ersten, wichtigen Schritt zeigt uns die PHZ gleich selbst vor: Ab Herbst wird ein Pilotprojekt an Projektschule Goldau mit iPhones gestartet. Ich bin überzeugt, die Schwyzer werden nebst der Unterrichtsebene die oben skizzierte organisationale Ebene ebenso analysieren. Oder?
Weitere Einträge zur PLE-Tagung von…
– Thomas Stierli hier
– Urs Ingold hier
– Anja Frotscher hier
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